Thomas:
Die Illustratoren Organisation bereitet im Stillen eine neue Einkommensumfrage vor. 2008 gab es bereits eine Umfrage die aufzeigte, dass die durchschnittlichen Einkommen der teilnehmenden Illustratoren sehr niedrig waren. Die neue Umfrage brauch aber noch etwas Zeit weil man ein differenzierteres Bild bekommen möchte und dafür neue Fragen formuliert und auch Strukturen zur Auswertung geschaffen werden müssen.
Die 2008er Umfrage ist hier einsehbar:
http://www.io-home.org/leistungen/grund ... rage_2008
Hast Du nicht zeitweise auch in Festanstellung gearbeitet? Hast Du mal dein Gehalt als Kalkulationsbasis genommen, und zwar dein Netto * 1,7 damit Du ungefähr auf das Arbeitgeberbrutto kommst. Das ist dann ungefähr der Betrag den Du als Freiberufler verdienen musst um deinen Lebensstandard zu halten. Wenn man vernachlässigt dass man als Freiberufler nicht die gleichen Konditionen bekommt wie als Angestellter.
Was ist ein Berufsanfänger?
Ein Berufsanfänger ist - scheint mir das gängige Verständnis zu sein - jemand der noch etwas länger brauch um Angebote zu schreiben, um Vertragstexte zu lesen und zu beantworten, jemand dem generell noch Struktur fehlt.
Und scheinbar jemand, der nur mit mehr Zeit und Erfahrung die Qualität eines "Profis" wird liefern können.
Wie ich bereits in meinem Eingangspost schrieb fließen viele Faktoren in die Kalkulation des Stundensatzes/der Vergütung mit ein. Einer der Faktoren nannte ich "Lehrgeld".
"Lehrgeld" ist auch der Betrag X den ein Berufsanfänger in Form von zusätzlich investierter Zeit selbst aufbringt, um einen professionellen Ablauf und ein professionelles Ergebnis zu erzielen.
Soll heißen:
Wenn ein "Profi" für ein bestimmtes Ergebnis ca. 16h braucht und der Berufsanfänger zuversichtlich ist, dass er dieses Ergebnis ebenfalls erreichen kann (ansonsten sollte er den Job nicht annehmen) aber bereits weiß, dass er dafür 30h benötigen wird, dann stellt der Berufsanfänger nicht 30h in Rechnung sondern 16h(plus was immer im Rahmen geschickter Verhandlung möglich ist) und verbucht den Rest als selbst aufzubringende Fortbildungsinvestition.
Als Berufsanfänger per oben versuchter Definition wird man Arbeitskraft und Zeit investieren müssen, die nicht oder nur bedingt abrechenbar ist um in der Kommunikation und im Ergebnis mit den lange etablierten mithalten zu können.
Die 60€/h sind jedoch wie bereits mehrfach erwähnt, von unterschiedlichen Leuten hier im Thread bestätigt und per link vorgerechnet, angebracht und - jetzt kommen wir endlich zur richtigen Anwendung des Wortes - für einen professionellen Betrieb üblich.
"Profi" ist nämlich eigentlich jeder, der von der ausführenden Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet (oder es einigermaßen erfolgreich versucht).
Und ja es gibt Illustratoren in Deutschland die mehr als 10.000€ im Monat umsetzen (was nicht gleich Gewinn ist). Ich kenn zwar nicht viele, aber immerhin ein paar die das in mehreren Jahren in Folge geschafft haben.
Meine eigenen Jahres-Umsätze bewegen sich zwischen 65.000€ - und 80.000€.
Meine Tagessätze variieren je nach Kunde und Projektbedingungen.
Planungssicherheit führt zu einem geringeren Tagessatz, Planungsunsicherheit zu einem höheren. Werbekunden die so ziemlich die unsichersten Kunden sind die ich so habe bekommen Kostenvoranschläge mit 100€/h als Basissatz. Für ein Computerspieleprojekt an welchem ich über Monate immer wieder arbeiten werde und mir damit auch vertraglich ein Einkommen garantiert ist, sind wir uns mit einem Tagessatz von 450€/Tag einig geworden.
Für besagtes Computerspieleprojekt habe ich innerhalb eines Monats auch mal eben 1700€ für Referenzmaterialien ausgegeben. Bücher großteilig, aber auch einen Trip in ein Museum das nicht in Hamburg war. Weitere Referenzanschaffungen folgten und folgen.
Trotz meine für manche Illustratoren scheinbar unglaublich sehr hohen Umsatzes war ich einmal kurz vor der Insolvenz, weil ich für ein größeres Projekt mehrere andere Leute mit ins Boot holte, diese bezahlte (die oh welche Überraschung egal ob Illustrator, VFX-Animator oder Soundbastler mit 600€+/Tag kalkulierten) und dann sehr sehr sehr lange meinem Geld von der Agentur hinterherlaufen musste.
Ansonsten muss ich allein zur Grundsicherung und unter Annahme, dass mir nie eine Socke verloren geht, Adobe nie wieder eine neue Version auf den Markt bringt (ignorieren wir mal dass CS6 gerade gelaunched wurde), nie irgendwelche unvorhersehbaren Mehrkosten aufkommen und alles genau so bleibt wie es jetzt ist (keine Inflation mehr, ich werd also auch nie älter und ein Kind werd ich auch nie haben wollen und in Hamburg werden die Mieten nicht steigen): 3.280,70€ /Monat
Das mag viel erscheinen aber ich kann nachdem ich bei mittlerweile 15+ verschiedenen Honorarbasierten, Provisionsbasierten und staatlich geförderten Finanz-/Versicherungs-/Verbraucherschutz-/Gründungs-/Unternehmensberatern war folgendes mitteilen: Alle wiesen mich darauf hin, dass ich nicht genügend Vorsorge und immer noch ernstzunehmende & erhebliche Deckungslücken habe.
Und davon dass Banken von mir als Risikobehafteten kreativen Freiberufler forderten mindestens 70.000€ Barrücklage zu haben bevor wir über einen Kredit von eben der gleichen Summe sprechen könnten um eine kleine Eigentumswohnung zu finanzieren, will ich noch gar nicht reden.
Ich muss allerdings sagen dass ich die 70.000€ vermutlich heute zusammen haben könnte, wenn ich nicht viele "Fehler" gemacht hätte. Ich hoffe dass ich mittlerweile etwas schlauer bin und es richtiger mache.
Jabo's fünfeinhalb Stunden pro Tag sind in der Tat hoch angesetzt. Aber allein diese Woche habe ich 16h allein für Angebote investiert, die wie die Ehrfahrung zeigt, nichts bringen werden weil sie von den Kunden/Agenturen vermutlich nur als Vergleichsangebote eingeholt wurden.
Schlusssatz:
Ich kann niemanden mehr ernst nehmen der pauschal die 60€/h Marke in Zweifel zieht. Entweder derjenige zahlt irgendwie selber drauf oder er erzählt nicht alles. Oder er ist ein Troll.