Tonwert - Farbe - Sättigung

Stellt Eure in Arbeit befindlichen oder fertigen 2D-Artworks hier aus, um sie diskutieren zu lassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Euer Artwork in klassischen Techniken oder digital entstanden ist.
MartinH.
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Tonwert - Farbe - Sättigung

Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 01:05

Ich hab in letzter Zeit gemerkt, das ich doch immer wieder Probleme mit Farben und Sättigungswerten in meinen Bildern hab. Bei Tonwerten weis ich, zumindest ansatzweise, was ich mache und warum überhaupt. Wenns aber daran geht Farbe in die ganze Sache zu bringen vergesse ich entwerder die Tonwerte und verliere den Hell-Dunkel Kontrast oder aber ich schaffe es nicht den Eindruck zu vermitteln das Tonwerte und Farben "zusammen gehören". Vor allem bei Hauttönen fällt mir das immer wieder auf, wahrscheinlich weil man da leicht erkennt wenns schlecht aussieht und es kaum kaschieren kann.

Digitale Farbe hat erstmal 3 Komponenten, entweder Rot Grün Blau oder Farbton Sättigung und Helligkeit (Hue Saturation Value/Blackness). Mit RGB kann ich persöhnlich nicht so viel Anfangen. Dort änder ich nur was wenn ich z.B. weis, dass an einer Stelle mehr Licht einer bestimmten Farbe hin soll. Dann nehme ich diesen Farbton auf und ziehe z.B. den Blau Regler etwas hoch wenn ich dort den Eindruck bläulichen Lichteinfalls erzeugen will. Allgemein finde ich die HSB Regler jedoch viel intuitiver und so ist das mein Standard Farbwähler geworden. Ich wäre gerne in der Lage, ein Bild auf einer einzelnen Ebene, allein mit einem Brush im "normal" Modus zu malen und hinterher einen guten konsistenten Farb- und Tonwerteindruck zu haben so wie ich es immerwieder bei Bildern von richtig guten Leuten oder bei Fotos sehe. Ich denke das Fotorealismus oft das falsche Wort für "schlüssiges Zusammenspiel von Tonwert, Farbe und Sättigung" ist. Wenn ich ein Foto nehme und es weichzeichne oder den Median Filter drüberlege, dann ist es immernoch "fotorealistisch", obwohl schon alle Details fehlen. Bei einigen ßl-Gemälden entsteht von weitem auch oft der Eindruck eines Fotos, von nahem jedoch sieht man einen ganz groben Duktus.

Ich habe also für mich festgehalten, das Fotos ein Anhaltspunkt für ein schlüssiges Zusammenspiel der 3 Grundelemente (Tonwert, Farbe, Sättigung) sein können und habe einige Fotos mit dem Colorpicker "abgegrast" und mir angesehen wie sich die HSB Regler dabei bewegen. Wie z.B. Helligkeit und Sättigung oft in einem antiproportionalen Verhältnis stehen.

Das allein hat mir aber auch noch nicht viel beim malen gebracht. Also versuchte ich es mit nachträglichem colorieren über eine Color Ebene, woran ich ebenfalls scheiterte. Gestern habe ich mir mal Farben aus einem Foto gepickt und daraus eine Palette für Hauttöne gemacht, aber selbst damit kam ich nicht klar.

Oft habe ich am Anfang, wenn ich ein Bild male, den Eindruck die Sättigungswerte seien alle OK und wenn ich es dann mal nen Tag oder auch nur ein paar Stunden weglege sehe ich auf einmal das letztendlich doch alles total grau und ausgewaschen aussieht. Woran liegt diese "Farbenblindheit"? Wie kann ich richtige Farben raussuchen wenn ich anscheinend gar nicht weis wie "richtige" Farben aussehen?

Normalerweise würde man das wahrscheinlich durch ßbung lernen, aber ich suche gerne nach direkteren Antworten oder Lernsystemen, als das ich solange rumprobiere bis ich durch Zufall drauf komme. Also habe ich nochmal einige Bilder (mehr oder weniger wahllos rausgesuchte Fotos und einige Bilder von Linda Bergkviste) genommen und analysiert indem ich in Photoshop Ebenen im Modus Hue, Saturation oder Luminosity drübergelegt und unterschiedlich kombiniert habe. Die Ebenen waren einfarbig. Z.B. mit einer Luminosity Ebene mit 50%igem Grau lässt sich die Helligkeitsinformation ausblenden. Man sieht nur noch die Farben und Sättigungen auf grauem Grund schimmern. Auf die Tonwertinformationen kann ein Bild sicherlich nicht verzichten. Nun habe ich getestet die Farbinformation oder die Sättigung zu vereinheitlichen. Also alles monochrom einzufärben bzw. zu entfärben oder alle Sättigungswerte zu vereinheitlichen. Dabei kam ich zu dem Schluss das die meisten Bilder es erstaunlich gut verkraften ihrer Sättigungsinformation beraubt zu werden. Bis auf graue oder fast weiße Flächen natürlich, die sehen dann furchtbar übersättigt aus solange sie auch nur einen minimalen Farbschimmer haben.

Desswegen habe ich jetzt mal getestet erst die Tonwerte, dann die Farben bei einheitlicher (und relativ hoher) Sättigung und zum Schluss die Variationen der Sättigung zu malen. Das Ergebnis stellt mich auch noch nicht zufrieden, aber ich denke es wird dadurch schonmal deutlich einfacher für mich und die jetzt vorherschenden Probleme sind wahrscheinlich wieder bei den Tonwerten zu suchen (und für mich dadurch hoffentlich leichter lösbar). Das angenehme der 3-Teilung der Grundelemente ist, das man nachträglich sehr einfach in den Einzelnen layern Korrekturen vornehmen kann ohne sich um die beiden anderen Bestandteile zu sorgen. Eine leichte Tonwertanpassung in einem bestimmten Bereich versaut einem dann z.B. nicht gleich auch Farbe und Sättigung an der Stelle.
Dauerhaft ist das wahrscheinlich auch keine tolle Methode, aber vielleicht hilft sie ja beim lernen, keine Ahnung...

Ich würde einfach gern mal eine Disskusion zu dem Thema starten. Wie löst ihr diese Probleme?

Ich hab mal gelesen (ich glaub es war ein Mullins Zitat): "Tonwerte sind das wichtigste, dann kommt die Sättigung und wenn das beides stimmt, kann man mit der Farbe eigentlich alles machen". Steht das nicht im Widerspruch zu meiner "Einsicht" (eher neugewonnene Ansicht) das die Sättigungsinformation am entbehrlichsten ist beim Schaffensprozess und zuletzt bearbeeitet werden kann? Fürs Bild selbst ist sie sicherlich ganz und gar nicht unwichtig, nur um das nochmal klarzustellen.


So, da ichs im 2D Forum gepostet hab, will ich natürlich auch die Bilder nicht fehlen lassen. Der zeichnerische Aspekt schadet denen wahrscheinlich noch am meisten, aber das ist hoffentlich nicht relevant für die oben angerissene Problematik?!

Kopf1: viel mit Overlay Modus und ähnlichem gearbeitet. Wusste es zum Schluss einfach nicht besser und hab auch mit den Tonwerten Fehler gemacht. Wangen, Nase und Lippen find ich hier farblich am verkorkstesten.
Bild

Kopf2: diesmal die Farben mit von Foto gepickter Palette. Weitgehend ohne Overlay Modus etc. Hat trotdem nix genützt, gefällt mir eigentlich sogar noch weniger als der Männerkopf.
Bild

Auge: das hier hab ich gerade nach der oben beschriebenen Methode der Aufschlüsselung in die 3 Teilaspekte gemalt. Find das farblich besser als die vorherigen, weis aber nicht ob ich das Morgen auch noch so sehen würde. Ich kann mich da leider nicht auf meine Wahrnehmung verlassen.
Bild

the Machinist: das hatte ich einmal von nem Bild aus dem Film in schwarzweiß abgemalt und dann nachträglich koloriert. Die neue Version ist die obere. Die alte poste ich zum vergleich mit. Damals hab ich nur mit einer Color Ebene gearbeitet. Beim neuen zusätzlich noch mit einer Saturation ebene (und ich hab natürlich auch mit den Farben nochmal ganz neu angefangen). Das neue Gefällt mir besser, vor allem bei der Nase.
Von den Tonwerten her würde ich sagen, das sich dieses Bild nicht eignet um es nachträglich für einen "realistischen" Farbeindruck zu kolorieren, oder lieg ich da falsch?
neu:
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alt:
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Zuletzt geändert von MartinH. am 25. Sep 2006, 17:45, insgesamt 2-mal geändert.

Chinasky
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Beitrag von Chinasky » 25. Sep 2006, 07:53

Mal ein Gedanke von der analogen Malerei her kommend:

Ich weiß nicht, ob es so sinnvoll ist, die drei Bereiche Farbton, Sättigung und Tonwert dermaßen stark zu trennen. Ich komme darauf, weil Dein erster Kopf für mich aussieht wie ein "sehr alter Meister" in dem Sinne, daß lasierend auf einer kompletten Hell-Dunkel-Ebene coloriert wurde. Technisch ist das was anderes, als deckend zu malen. Die Bilder haben mehr Leuchtkraft - wirken aber immer irgendwie auch unecht.
Reine Lasurmalerei funktioniert in Sachen Haut-Malen nicht.
Wenn Du im Overlay-Modus malst, kommt meiner Meinung nach immer etwas heraus, was an eine Lasurmalerei erinnert. Und das paßt dann halt nicht.

Ich hab mir hier zuhause vor Kurzem mir mal ein Bild von Artvandely genauer angeguckt, nämlich diese Paraworld-Marktszene. Und dabei gemerkt, daß er sehr stark gesättigte Farben benutzt, um Tonwertkonstraste zu simulieren. Immer schön den Gesetzen des Komplementärkontrastes folgend. Wenn man nahe dran geht an das Bild, ist es fast kreischend bunt - erst mit einiger Distanz wirkt es dann ausgewogen. Er malt sehr "impressionistisch", hat also das, was die Impressionisten und später die Pointillisten an Farbtheorien entwickelten, stark verinnerlicht. Daß Farbkontraste, richtig eingesetzt, wie Tonwertkontraste wirken können.

Diese Farbpsychologie hast Du in Deine ßberlegungen nicht mit aufgenommen - weil Du Dich eben an Fotos orientierst oder an solchen Foto-MalerInnen wie Linda Berquist. Als Vorbilder zum Malen sind die eventuell gar nicht so geeignet, jedenfalls, wenn es um Farben geht. Mir fehlt leider das Wissen über zeitgenössische gute Illustratoren, also kann ich nur wieder etwas ältere Namen nennen: Lucian Freud, Renoir, Monet, Delacorix... Ich denke, wenn man lernen möchte, Hauttöne zu malen, sollte man sich deren Bilder anschauen, weil dort die Farben häufig verwendet werden, um Tonwerte zu unterstreichen oder zu steigern in ihrer Wirkung. Es ist nun mal ein Unterschied, ob man bei dem Hals Deiner Frau im zweiten Bild nur Tonwert- und Sättigungsunterschiede hat, oder ob da noch an den richtigen Stellen Komplementärkontraste eingesetzt werden.

Dieser Frauenkopf ist übrigens der einzige unter Deinen Beispielbildern, den ich als "exemplarisch" bezeichnen würde, die beiden Männerköpfe befinden sich in einer Art Theaterbühnenlicht, welche sehr untypsich ist. Normalerweise werden wir ja nicht von einem Spot beleuchtet, sondern da gibt es einen Haufen Umgebungslicht, welches auch farbige Auswirkungen auf uns hat. Wenn Du der Frau nun einen etwas kühleren Hintergrund gegeben hättest, hättest Du auch kältere Farbtöne in ihre Haut mit einarbeiten können.


Das sind jetzt keine systematischen Anmerkungen, ich hoffe mal, daß Leute wie Duracel oder Daniel hier ihre sicherlich fundierten Gedanken reinschreiben werden. Eigentlich bleibt bei mir unterm Strich nur: Es könnte sein, daß Du Dir die Sache durch das Trennen von Tonwert, Sättigung und Farbton die Sache an der falschen Stelle kompliziert machst.



edit: Hab mal OP zum Mädchenkopf gemacht. Obwohl da nun haufenweise "Falschfarben" drin sind, wirkt es doch wesentlich "echter" als Deine Version, oder nicht? Dabei hab ich mir nur 10 Minuten Zeit genommen und hab total willkürlich ein paar kalte Farbtöne reingeschmissen, sowie die warmen Töne variiert.
Bild
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Beitrag von Neox » 25. Sep 2006, 09:14

Paraworld-Marktszene
schön wärs :D
war aber Dinotopia :wink:
bonus vir semper tiro

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Beitrag von SickToy » 25. Sep 2006, 11:36

Also ... erstmal ein bisschen OT ...

[ot]
MartinH. ich kann dein Post nur sehr schwer lesen, es ist ziemlich anstrengend, versuch doch Absätze einzubauen wie es z.B. China gemacht hat, das macht alles sehr viel angenehmer zu lesen.
[/ot]

Generell ist es natürlich garnicht verkehrt sich eher an "richtigen" Bildern zu orientieren als an diesen "geleckten" digitalen Kram. Von daher ist China's vorschlag nicht verkehrt, diese Jungs hatten alle keine Dreh und Schieberegler, mach mal ein paar Meisterkopien ... sollte ich auch mal machen.

Aber nicht nur einfach kopieren, sondern auch betrachten und darüber nachdenken.

Ansonsten hab ich noch das "Tutorial" oder besser die "Guideline" von Prometheus anzubieten, er hat alles mögliche ziemlich gut zusammengefasst, ist irgendwie immer sehr beliebt das zu verlinken, aber es ist ja auch wirklich gut :)

Klick mich, ich bin ein verzauberter Link !
He is Conan, Cimmerian, he won't cry, so I cry for him.
- Subotai .-._.-. http://www.blaettgen.com

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Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 12:15

@Chinasky: Danke für deine Ausführungen und das Overpaint! Ich werde mich jetzt mal bei den genannten Malern und auch anderen traditionell arbeitenden Künstlern umsehen und dann dein Posting nochmal durchgehen. Dieses Farbpsychologische Wissen könnte einer der Punkte sein, die mir zum Verständnis fehlen.

@Sicktoy: Danke auch dir. Absätze waren vorhanden, aber ich hab sie jetzt mal zu Leerzeilen befördert ;). Hoffe jetzt ists angenehmer zu lesen. Den Tipp mit den Mastercopys werde ich befolgen. Mal sehn was dabei rumkommt.
Das Prometheus Tutorial kenn ich natürlich, allerdings habe ich nicht das Gefühl das es mir momentan weiterhilft. Hab es auch gerade nochmal überflogen.

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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 12:39

Ah ... sehr gut, Prometeus hätte ich jetzt auch verlinkt, aber muss ich ja jetzt nicht mehr.

Ich hab aber auch noch was selbst gemachtes und erdachtes anzubieten:

Bild

Da Du von der Annahme ausgehst, dass Tonwerte dem Bild die wichtige Grundlage liefern - und ich grundsätzlich einverstanden bin - lasse ich die hier außen vor und nehme sie als gegeben an. Dann geht es nur noch darum, was zuerst kommt, Sättigung oder Farbe.

Das Bild oben mit dem Leuchtturm soll ein Testbild sein. In der Mitte sieht man das Bild, wir ich es malen würde. Ich bin mal testweise so vorgegangen, wie Du es vorgeschlagen hast, erst Tonwerte, dann Farbe, dann Sättigung, alles auf eigenen Layern.

Nach rechts habe ich dann die Farben geändert, erst komplett verschoben und dann bewusst entgegen die Tonwertinformationen gearbeitet. Nach links habe ich die Sättigung versucht zu "verschieben", ging aber nicht, weil man die Sättigung ja nicht im Kreis drehen kann, wie Farbe. Also hab ich den Sättigungslayer neu gemalt, erst ausgehend vom Bildinhalt und dann bewusst dagegen.

Ich komme bei der Betrachtung zum folgendem Schluss: Die Bilder rechts sehen aus, wie eingefärbte Versionen des Originals, vielleicht ein bischen funky, aber nicht total abwegig. Zum Beispiel könnte es sein, dass da einfach ein Farbfilter vor der Kamera war und die Farben so verändert wurden, oder die Lichtquelle selbst farbig war. Links ist es anders: Da leuchtet das Rot viel zu stark. Es ist kaum zu erklären, wie die Sättigung da so ausbrechen soll. Mich stört die "falsche" Sättigung stärker als die verschobenen Farben.

Ich erkläre mir das so: Die Tonwerte sind für unseren Seheindruck am wichtigsten, weil sie uns die räumliche Anordnung und Ausrichtung der Dinge offenbart. Die Sättigung folgt, weil sie weitere Auskunft darüber gibt, wo die Lichtquelle ist, was direkt und was indirekt angeleuchtet wird und welche Stoffe das Licht stark oder weniger stark durchlassen, kurz, welchen Weg das Licht genommen hat bis es im Auge gelandet ist. Falsche Sättigung birgt logische Fehler, die direkt mit dem Lichteinfall in Verbindung gebracht werden können. Damit ist sie gar nicht so weit von den Tonwerten entfern. Farbe hat ihren Ursprung in einer viel kleineren Dimension, nämlich der der Wellenlänge. Sie ist zum einen davon abhängig, welche Wellenlängen ein Stoff absorbiert und welche reflektiert werden, zum anderen aber auch davon, welche Wellenlängen überhaupt im Licht enthalten sind. Das Ergebnis ist die Farbe die wir sehen. Farbe ist so leicht durch Filter oder farbiges Licht zu ändern, dass unsere Farbwahrnehmung tolleranter ist und sogar in der Lage, Farbverschiebungen auszugleichen. Davon abgesehen sind Farben natürlich Informations- und Stimmungsträger. Und über die Zusammenwirkung von Farben müsste man sich auch nochmal Gedanken machen.

Zu Deinem Männerkopf hab ich ein kleines Overpaint gemacht, weil mir die Sättigung doch arg daneben schien, vor allem auf den Wangen. Natürlich erhebe ich kein Anspruch auf absolute Richtigkeit, aber an eine Verbesserung glaube ich schon:

Bild Bild Bild Bild

Und noch zwei Bilder, die vielleicht helfen, oder unterstreichen, was ich oben geschrieben habe:

Bild

Bild

Ich finde das Thema spannend! Vielleicht finden wir ja für Sättigung und Farbe Equivalente zu Tonwertthumbnails.

Zaknafain
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Beitrag von Zaknafain » 25. Sep 2006, 14:08

Interessantes Thema... Wenn ich Zeit habe werd ich auch noch was dazu schreiben.
Nur mal ne kurze frage zwischendrin an herrman:
http://home.arcor.de/hermchen/postingst ... tigung.jpg
is das handarbeit oder gefiltert? (suche nämlich nach nem filter der schnell sowas machen kann)

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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 14:11

Das ist der Median-Filter in Photoshop.

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Beitrag von Chinasky » 25. Sep 2006, 14:16

Martin: Naja, "farbpsychologisches Wissen" ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Eigentlich geht's nur darum, daß sich ja die Farben, die man aufträgt, im Auge des Betrachters mischen, sobald er etwas Abstand nimmt. Sonst würden ja auch 4-Farbdrucke gar nicht funktionieren... ;) Beim Malen kann man den Komplementärkontrast halt so einsetzen, daß die Tonwertunterschiede dadurch noch verstärkt werden. Also ein dunkles Violett sieht neben einem hellen Gelb noch dunkler aus als ein entsprechend dunkles Gelb. Das ist eigentlich schon die ganze Theorie. Kalte Schatten neben warmen Lichtern suggerieren einen größeren Tonwertunterschied als warme Schatten neben warmen Lichtern.
Die Theorie ist so simpel, daß es fast peinlich ist, sie noch so aufzuschreiben. Und in der Praxis heißt das: Schatten im Gesicht mit Grün oder einem kühlen Blau anlegen, statt mit warmen Brauntönen.


ßbrigens finde ich das Leuchtturm-Beispiel von Herrmann sehr interessant! Dennoch bezweifle ich, daß sich analog zu den Tonwertthumbs Sättigungs-Thumbs erstellen ließen. Denn einen Großteil der Wirkung erzielt die Sättigung ja im Verhältnis zur Nicht-Sättigung. Will sagen: in einem überwiegend entsättigten Bild wirkt das stark gesättigte Detail immer als Hingucker - dazu braucht man keine Thumbs zurate zu ziehen. Wichtig ist ja, wie genau das Verhältnis zwischen gesättigter und ungesättigter Fläche ist. Das kann man, wenn man's ausprobieren will, immer noch dadurch machen, daß man Teile des Bildes maskiert mittels eines Alpha-Kanals und dort probehalber mal die Sättigung hoch- oder runterdreht.
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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 14:52

Und die größte Wirkung erzielt die Helligkeit im Verhältnis zur Nicht-Helligkeit.

Will sagen: in einem überwiegend enthellten Bild wirkt das stark helle Detail immer als Hingucker - dazu braucht man keine Thumbs zurate zu ziehen. Wichtig ist ja, wie genau das Verhältnis zwischen heller und nicht heller Fläche ist. Das kann man, wenn man's ausprobieren will, immer noch dadurch machen, daß man Teile des Bildes maskiert mittels eines Alpha-Kanals und dort probehalber mal die Helligkeit hoch- oder runterdreht.

Aber ich sehs auch als schwierig an sich einen Sättigungsplan zu machen. Hm ... vielleicht probier ich das mal die Tage. Sonst bleibt alles graue Theorie.

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Beitrag von Chinasky » 25. Sep 2006, 15:16

Okay, touché! :)

Obwohl...

Bild

Wie sollte man für so einen Sättigungs-Einsatz Thumbs entwickeln? Der Witz ist ja, daß hier je nach Notwendigkeit im Detail die Sättigung mal erhöht, und mal gesenkt wurde. Was mich hier besonders beeindruckte, war, wie knallig das Rot am Dino-Kopf ist, um sich gegen das Blau der "Kappe" abzuheben. Artvandely hat da richtig mit purem Zinnoberrot an die Kante herangemalt. So hebt sich die Kappe viel besser vom Kopf ab als in der schwarzweißen Version, wo nur die Tonwertunterschiede zur Geltung kkommen. Gleiches gilt für das Knie der Reiterin: Da ist ein Verlauf vom Rot zum Grünlichen zu erkennen - das Bein bekommt so viel mehr Volumen als in der schwarzweißen Version. Oder man nehme die Schattenfarben unter den Markisen hinten am Gebäude, die mit einem fast leuchtenden Blau gesetzt wurden: Kleine Details, die in einer roughen Version noch gar nicht enthalten wären.
Nun ist dieses Beispiel von Artvandely freilich schon insofern fies, weil es ja insgesamt sehr farbenfroh ist. Aber es hat auch Stellen die entsättigter sind, beispielsweise in der Brust-Region des Dinos. Ich kann mir halt nur schlecht vorstellen, daß man für solche Sättigungs-Unterschiede vorher Thumbs machen kann - erst in der Detailarbeit entscheidet sich doch, wo die Sättigung angezogen wird und wo nicht. Ich halte die Sättigung für so etwas wie die Spannung von Saiten im Klavier. Man kann nicht so pi mal Daumen ein Klavier stimmen...
Natürlich kann man es machen wie manche Kitsch-Fotografen, die eine Frau knipsen und dann entsättigen bis auf den Erdbeermund, der noch etwas in der Sättigung gepusht wird. Aber naja - ob man dafür noch einen Thumb braucht?! ... ;)
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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 15:59

Es scheint mir eine Sache der Bild-Hirarchie zu sein. Der grobe Bildeinteiler ist nach wie vor der Tonwert. Er bildet die Grundlage, und um die geht es in Thumbnails. Die Sättigung ist nicht grundlegend genug um Thema eines Thumbnails sein zu können. ßber einen Gegenbeweis freue ich mich trotzdem.
Zuletzt geändert von Herrmann am 25. Sep 2006, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 17:58

Der Thread kommt ja richtig in Fahrt, super :).

@Herrmann: klingt alles plausibel. Vor allem das die Sättigung zusätzliche Informationen über die Räumlichkeit usw. gibt hatte ich nicht genug berücksichtigt. Danke auch für das OP, hast du da wirklich nur die Sättigungen bearbeitet? Das wär dann nämlich doch wieder ein Indiz dafür, das Farbe eher zu vernachlässigen ist.
Aus welchem Loomis Buch ist das Beispiel das du gepostet hast? Creative Illustration oder Eye of the Painter?

Die Frage nach dem Sättigungsthumb könnt ich so jetzt nicht beantworten. Die bereits geposteten Beispiele lasse ja eher schließen, das das ganze dafür zu kompliziert ist.
Ich hab jetzt mal mit den Mastercopys angefangen und zweifle auch wieder an der Methode die Aspekte zu trennen.

@Chinasky: Ich hab mir Bilder der Maler rausgesucht. Die von Freud gefielen mir am besten. Waren auch am schwersten zusammenzusuchen.

Hab also mal versucht grob die Farben zu treffen. Proportionen sind grob abgepaust:

nach Delacroix:
Bild
Bild
(mit Median Filter, weil die Vorlage so körnig war)

nach Freud:
Bild

Das letzte hab ich 2 mal gemalt. Einmal normal und einmal über die Methode erst Tonwerte und dann Farben zu malen. Dabei hat es überhaupt nicht geklapt die Sättigung erstmal außen vor zu lassen. Ist also wohl zum Teil auch vom Motiv abhängig wie gut das funktioniert. Hier wars nix.
Könnt ihr erkennen, welches Bild ich normal und welches ich "lasierend" abgemalt hab?

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Beitrag von Chinasky » 25. Sep 2006, 18:18

Hi Martin!
Jau, beim Lucian Freud hast Du schon ein ganz gutes Beispiel rausgesucht. Der wäre übrigens auch derjenige, der am klarsten das umsetzt, was ich meinte. Beim Delacroix ist es tatsächlich etwas schwierig im Web die entsprechenden Sachen zu finden. Vor allem, da leider die meisten seiner Werke unter einer dicken Schicht Firnis absaufen, d.h. bräunlich-speckig werden. Ich hätte die erste Oma ganz gewiß nicht gewählt, eher schon das hier:
Bild
Oder das:
Bild

Naja, ist immer schwierig, im Web entsprechende Vorlagen zu finden, manchmal sind gute Kataloge schon noch 'nen Tick besser. ;)

Das Aktmodell hast Du eigentlich sehr gut abgemalt - gerade, wo der Unterarm hinter dem Bauch hervorkommt, finde ich Deine Version fast besser als das "Original". Dennoch hättest Du noch wagemutiger mit den Farben sein können. Beispielsweise mit der kühlen Schattenpartie, welche die vordere Schulter definiert. Die hätte man noch bläulicher und kühler machen können. Hast Du Dir die Farben eigentlich rausgepickt? Sie wirken nämlich wirklich extrem nah an der Vorlage dran?!

Bei den Freud-Kopien ist schwer zu entscheiden, welches Du nach dem "Lasur-Prinzip" gemalt hast. Ich denke mal, es war die Nr.1?
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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 18:29

Ich würde sagen, das obere ist gemalt und das untere lasiert.

Mein Overpaint des Kopfes hat wirklich nur auf dem Sättigungslayer stattgefunden. Ich hab die Sättigung komplett neu gemalt, also mit einem grauen Layer angefangen. Achte besonders auf die Wangen und die Falten auf der Stirn.

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Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 19:37

@Chinasky: Danke. Das obere Bild hatte ich auch gefunden und werde es auch noch abmalen. Mir persöhnlich ist das Rot im Gesicht etwas zu krass.
Bei diesen ßbungen habe ich die Farben natürlich NICHT rausgepickt, sondern alle mit den HSB Reglern selbst gewählt, sonst lern ich ja nix dabei. Hab schon gemerkt, das das meine Farbwahrnehmung schult. Manchmal hab ich, wenn ich mir einen Ton rausgesucht hab, damit dann einen Strich ins Original gesetzt und verglichen wie gut es passt und ich war ein paar mal freudig überrascht, das es doch ganz gut hinhaute.
Bei den nächsten Studien versuch ich mal noch etwas mehr mitzudenken und sowas wie die kühlen Schattenpartien stärker rauszuarbeiten.

@Herrmann: Also eine Verbesserung ist es auf jeden Fall. Erstaunlich wie viel man mit falsch gesetzter Sättigung kaputmachen kann. Wie hast du die violetten Versionen gemacht? ßber colorize oder über einen hue layer?

Bevor ich auflöse bei welchem der Freud Bilder ich "lasiert" hab würd ich gern noch wissen welche Version ihr besser findet.

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Beitrag von Herrmann » 25. Sep 2006, 20:00

@Violette Versionen: Mit nem Hue-Shift (Strg-U und dann mit dem Hue-Slider).
@Freud: Na Du machst es aber spannend. Ich finde die obere Version farblich besser. Ich find die untere "teigiger" weshalb ich auch darauf tippe, dass die untere lasiert ist. Ich denke, dass man beim Colorieren eines Schwarzweißbildes dazu neigt, nur großflächig Farbe aufzutragen, weil die Tonwerte bereits das meiste an Zeichnung enthalten. Dabei vergisst man aber gerne die feinen Farb- und Sättigungsunterschiede, die das Bild lebendiger werden lassen. (Huiuiui, wenn ich jetzt danebenliege ...)

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 20:50

@Herrmann: Was meinst du mit teigig? Das Problem das man beim nachträglichen kolorieren nur noch breite Farbflächen anlegt kenn ich.

Ganz schön anstrengend dieses abmalen. Generell so zu arbeiten würde mir keinen Spaß machen.
Hab diesmal aufs abpausen verzichtet. Wird schon gleich viel komplizierter wenn man eine weitere Sache beachten muss.
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Beitrag von Duracel » 25. Sep 2006, 21:22

Ich finde es müßig zu sagen, welches jetzt besser wirkt, da beide nahezu diesselben Schwächen haben; die Unterschiede sind marginal.
Sprich: mir scheint es ziemlich egal welche Herangehensweise du wählst.
Tatsächlich liegt die Lösung wohl eh in der Mitte - man malt halt jede Lichtquelle mehr oder weniger nacheinander - und Bouncelight(Hauptursache für hohe Sättigung) kommt halt erst in zweiter Linie dran; d.h. man malt erst die Tonwerte wie sie stimmen "ohne" Bouncelight, und malt dann das Bouncelight oben drüber.

Gerade dieses "hier und da und kA wie" bringt nichts - und deswegen bringen auch diese Studien hier relativ wenig, wo man kopiert statt "aufzubauen". Auch wenns weitaus trockener wäre(und ich selber habe stehts darauf verzichtet) ein einfaches Stilleben aus Würfeln(oder anderen basis-geometrischen Formen) ist noch die effektivste ßbung.

Denn im Prinzip ist die Lösung ganz simpel und das Problem ist, man macht es sich einfach zu kompliziert. Schon der Ansatz bei "Haut" das Problem zu suchen is Quatsch - höchstens fallen einem da Unstimmigkeiten besonders auf, da man entsprechend konditioniert ist.
Was auch mehr zur Verwirrung beiträgt als alles andere ist die Worthülse "Zinoberrot".



Was dagegen unterschätzt zu werden scheint ist der Aspekt der "Zeichnung". Was letztenendes zählt ist, wo überall Licht hin-reflektiert wird. Ohne stimmige und räumlich funktionierende Zeichnung fehlt den Tonwerten und der Sättigung die Grundlage. Man schattiert damit nicht munter rum(hier auf den Wangen und dort und hier noch ein bissle) - die Position im Raum ist essentiell! Deswegen funktioniert es auch nicht so recht, sich Farben aus einem Foto zu picken, weil diese nur in der entsprechenden Geometrie Bestand haben. Wie Herrman schon sagte, die Sättigung verrät dem Betrachter etwas übers Licht - sie stellt also eine Verknüpfung dar und positioniert die Fläche relativ zum Licht; entsprechend ist es entscheidend, dass diese Fläche korrekt gezeichnet ist bzw. umgekehrt, dass man die Zeichnung räumlich passend interpretiert und entsprechend die Fläche beleuchtet.

Sprich: Lern zeichnen, dann kannst du auch die Sättigung platzieren.


Die Verknüpfung von (realistischer)Zeichnung und Komposition, wie sie Artvandeley geschickt einsetzt, fällt dann auch garnichtmehr so schwer.
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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Beitrag von digitaldecoy » 25. Sep 2006, 21:37

Also, ich würde mich selbst nicht als besonderen Kenner der Materie einschätzen. Generell neige ich dazu, zu viel Sättigung in meine Bilder zu bringen und verspiele damit schon Mal diese wichtige Möglichkeit zur Kontrastbildung. Ein paar Gedanken zu dem Thema habe ich aber auch beizusteuern.

Als erstes habe ich Mal eine kleine Studie angefertigt, die eine wichtige Erkenntnis illustriert, welche ich Mal beim Arbeiten an Concept Art während meines Jobs hatte:

Bild

undzwar hatte ich da anfangs das Problem, dass ich unbedingt mehr Plastizität und Stofflichkeit in meine Entwürfe bringen wollte. Also habe ich versucht, mit größeren Tonwertumfängen für mehr Plastizität zu sorgen. Außerdem habe ich versucht, mit genauer beobachteten Highlights das Material besser zu treffen. Zuerst kam ich da bei einem Ergebnis an, wie es ungefähr auf der rechten Seite zu sehen ist. Allerdings hatte ich da irgendwie das Gefühl, dass die Tonwerte immer noch nicht ausreichten. Versuche, durch krassere Kontraste mehr Plastizität zu erzeugen scheiterten daran, dass die Haut dadurch metallischer wirkte.

Was mich letztendlich weitergebracht hat war, es gezielter auf spezielle Effekte anzulegen, die auf der Haut zu beobachten sind. Sehr hilfreich sind da z.B. die Reflexionen und Specular Highlights, die z.B. durch einen blauen Himmel verursacht werden können. Die bilden dann auch gleich den hier im Thread schon beschriebenen Farbkontrast zu den eher warmen Hauttönen. Auch der Punkt, Bounce Light von Haut auf Haut gesättigter ausfallen zu lassen, ist sehr geeignet, ein lebendigeres Ergebnis zu erzielen. Generell helfen mehrere Lichtquellen dabei, ein Objekt plastischer und lebendiger aussehen zu lassen. Wenn diese Lichtquellen dann noch unterschiedliche Farben haben, haben sie noch eine größere plastische Wirkung, weil sie dann leichter zuzuordnen sind.

@ MartinH.:

Sämtliche Studien am Anfang dieses Threads kranken daran, dass Du nur eine Lichtquelle in ihnen hast und die Lichtsituation insgesamt sehr künstlich ist. Die besten Farbvariationen erzielt man immer noch mit einer lebendigen Lichtsituation mit verschiedenen Lichtquellen und Bounce Light. Verabschiede Dich also besser von einfarbigen Hintergründen und schicke Deine Figuren ans Licht!

@ Sättigung:

Ich glaube nicht, dass Sättigung eine besonders herausragende Rolle spielt sondern sehe sie eher als eine Erweiterung der Tonwertskala. Chinasky hat das an Arts Bild toll analysiert, finde ich. In Regionen, wo der Tonwertkonstrast nicht genug hergibt, kann man gegebenenfalls eben den Sättigungskonstrast bzw. den Farbkonstrast einsetzen, um quasi ein "Extrakontingent" erkennbarer Bandbreite freizuschalten. Ich glaube jedoch ebenfalls nicht, dass die Anwendung von Farbe und Sättigung den grundsätzlichen Tonwertplan eines Bildes ins Wanken bringen kann. Grundsätzlich ist es aber sicher keine dumme Idee, seine Tonwertskizzen in Farbe umzusetzen, schon alleine um sich die unauflösbare Verbindung von Farb- und Tonwert zu vergegenwärtigen.

edit

@ Dura:

Ein sehr wichtiger Punkt! Was Du da anmahnst ist wohl letztendlich auch der Grund dafür, dass Loomis in einem seiner Bücher schreibt "you can not invent light" (oder so). Gerade bei Haut ergeben sich durch die komplizierte Mischung von diffusem Shading, Specular Highlights (welche besonders tricky sind, da die Haut überall eine andere Feuchtigkeit aufweist) und Relexionen UND der komplizierten Flächenausrichtungen nahezu unendlich viele Variationen, die man ohne ein Model im Grunde gar nicht auflösen kann. Natürlich kann man sich ein paar handgriffe antrainieren, aber ein wirklich fotorealistisches Ergebnis wird man nicht erzielen. Die besten Chancen hat man immer noch, wenn man die Plastizität des Motives gut begreift und das geht sehr stark in die Richtung der "Zeichnung" (als Formkomponente gemeint, nicht als "Lineart")
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Beitrag von Duracel » 25. Sep 2006, 22:21

Ja, das Loomis-Zitat trifft es so ziemlich - hatte ich garnicht bewußt im Hinterkopf, aber nichts anders wollte ich damit ausdrücken. ;)


digitaldecoy hat geschrieben:Generell neige ich dazu, zu viel Sättigung in meine Bilder zu bringen
Zu "gleichmäßig viel", du wärest aber wohl auch nicht besser damit beraten, das einfach zurückzuscharauben; denn was die meisten falsch machen ist, den Sättigungs-Effekt von Bouncelight zu unterschätzen(also im Gegensatz zu dir zuwenig zu sättigen).
Man neigt dazu zugunsten des Realismus den Effekt nicht zu übertreiben und handelt damit kontraproduktiv. Wenn man das Gefühl hat man übertreibt ihn so extrem wie eine Karikatur, ist er oftmals erst "genau richtig" und keineswegs schon übers Ziel hinausgeschossen. Und selbst wenn es so wäre, so ist ein übertriebenes Bouncelight für den Realismus-effekt nur zuträglich, genauso wie eine übertriebene Nase bei Thomas Gottschalk "richtig" wirkt; denn man übertreibt dann eine "charaktereigenschaft" von "realistischer Beleuchtung".

Wenn man sich diesen Effekt spart, ist auch nur zu logisch, dass Bilder immer "diffus" aussehen. Denn bei diffusem Licht gibt es diesen Effekt nicht - lässt man ihn also weg, wird der Eindruck nur verstärkt. Starkes Bouncelight lässt also auf eine starke Lichtquelle rückschließen.


Ich kann auch nur jedem raten mal auf Bouncelight-Effekte im echten Leben zu achten.
Herrmann hat ja shconmal das einfachste Beispiel gezeigt.
Auch immer gerne angetroffen ist der Effekt von einem beleuchteten Kinn/Hals durch ein helles Shirt(sehr farbenfroh sind in der Hinsicht Interviews mit brasilianischen Fußballspielern). Oder Leute die im Sommer auf einem roten Handtuch liegen ...
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Beitrag von MartinH. » 25. Sep 2006, 23:46

Ich antworte Morgen ausführlicher, bin jetzt zu müde und muss Morgen früh aufstehen.
Ich denke schon das mir die Studien was gebracht haben.

Da ich für heute keinen Nerv mehr zum Bilder abmalen habe (ich geb ja zu das es stupide ist und mir keinen Spaß macht, dennoch halte ich es für sinnvoll das mal gemacht zu haben), hab ich mal ein Selbstportrait mit nem Spiegel gemalt. Die Lichtsituation ist teilimprovisiert, vor allem bei den Farben und dem kühlen diffusen Licht von unten. Habs nach dem malen gespiegelt, damit der Scheitel wieder auf der richtigen Seite sitzt.
Bild

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Beitrag von jaymo » 26. Sep 2006, 11:15

Die Sättigung kann viel über die Materialbeschaffenheit aussagen. Was Haut angeht, vermuten viele eine Art Zauberformel, die das ganze zum Leben erweckt. Was häufig fehlt, ist eine farbliche Varianz. Es wirkt vielfach schon lebendiger, wenn man ein grobes, buntes Rauschen als Overlay für die Haut verwendet, selbst wenn man dabei nicht auf zonenspezifische Färbung eingeht. In weißer Beleuchtung finde ich zudem die Faustregel für farbliche Zonen im Gesicht hilfreich: Strinbereich eher gelblich, Nasen-/Wangenbereich eher rötlich, Mundbereich eher bläulich. Das ist natürlich grob, aber wenn man's im Hinterkopf hat, erleichtert es einem auch die Beobachtung der Hauttöne in einem Gesicht. Interessant ist hierbei auch Modefotografie, wo solche Unterschiede mit Makeup, Beleuchtung und Retusche ja gerne sehr stark zurückgenommen werden. Oft wirken diese künstlich, aber dennoch attraktiv und nicht unbedingt tot. Hier spielt IMO wieder die Sättigungsverteilung eine entscheidende Rolle.
Viel über den Einsatz von Sättigung kann einen auch die 3D-Grafik lehren, da hier einzelne optische Phänomene immer schön isoliert gelöst werden. Für Haut besonders wichtig ist dabei das "Subsurface Scattering" (SSS). Der Effekt wird auch treffend in Prometheus' Tutorial beschrieben.
Bei seinem Dino hat Art wohl den Umstand genutzt, dass Haut zum einen begrenzt durchscheinend ist und wir zum anderen die Färbung der Haut des Dinos gar nicht kennen. Tiere sind ja oftmals sehr kräftig gefärbt, auch mit Verläufen und Mustern. So nimmt man das Ganze bei einem Fabelwesen natürlich nicht so schnell als Falschfarben wahr, wie bei der Darstellung eines Menschen. Nichtsdestotrotz kann man denselben Effekt natürlich auch bei der Darstellung eines Menschen nutzen.

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Beitrag von Chinasky » 26. Sep 2006, 12:21

Dieses Subsurface Scattering, von dem Du, jaymo, sprichst (und das ich auf die Schnelle in Prometheus' Tutorial nicht finden kann, aber egal...), ist, so meine ich, bei der Darstellung von Hauttönen etwas sehr entscheidendes. Die Semitransparenz der Haut, durch welche je nach Lichteinfall Blut und Adern hindurchschimmern, sollte beim Malen im optimalen Fall eine Entsprechung finden. Da komme ich nochmal auf die alten Meister zurück, unter denen Tizian zu seinen Lebzeiten für seine lebendigen Hauttöne gefeiert wurde. Leider gibt's natürlich im Web wieder auf die Schnelle kein wirklich gutes Beispiel seiner Hautdarstellungen zu finden, was einerseits an den meist recht kleinen Abbildungen, andererseits aber auch an dem Firnis und dem Umstand, daß es sich dann ja immer um Fotos handelt, liegt. Tizian war bekannt dafür, daß er bis zu dreizehn Lasuren übereinander legte, um seine Hauttöne zu erzielen, wobei er auch Nicht-Lasur-Farben wie z.B. Weiß derartig dünn auftrug, daß sie schließlich doch zumindest halblasierend wirkten. Nichts anders ist ja der Perlmuttschimmer der Haut: die halbtransparende Oberfläche, durch welche die unteren Schichten nur teilweise scheinen. Die Frage, ob man lasierend malen sollte oder deckend, und ob man mit eigentlich deckenden Farben lasieren dürfe, spaltete übrigens im 19. Jahrhundert die deutsche Malerei. Leute wie Leibl nahmen es ihren Konkurrenten wie z.B. Hans Thoma direkt übel, daß diese lasierten. O-Ton Leibl über Thoma: "Der Schuft lasiert!" :D
Ich denke aber, daß ein halb deckendes, halb lasierendes Malen der Beschaffenheit von Haut am ehesten entspricht. In der Schichtmalerei bedeutete dies also, daß Weißausmischungen über die vorher angelegten Schattenpartien gelegt wurden. Wenn man dieses Verfahren aus der analogen Malerei auf die digitale Malerei überträgt, könnte man also mit schach eingestellter Deckkraft helle, ins Weißliche tendierende Hauttöne über vorher in stärkerer Sättigung angelegte Schattentöne auftragen.

Ich hab noch ein Beispiel von Tizian gefunden, in welchem man vielleicht erkennen kann, was ich eben ansprach. ßbrigens ist hier, insbesondere bei der br Brust und der br Schulter auch schön zu sehen, wie auf die eher in kühlen Grauausmischungen gehaltenen Schattenpartien die ins Warme tendierenden Lichter aufgetragen wurden:
Bild

Hab nun mal versucht, dieses System (d.h. zuerst die kühlen Schattenpartien, dann darauf in weniger starker Deckkraft, die eher warmen Lichtpartien malen) systematisch anzuwenden. Klappt eigentlich ganz gut, auch, wenn ich halt dazu tendierte, gesättigtere Farben zu wählen als in der Vorlage. Hilfreich sind für diese Art zu malen strukturierte Pinsel, deren Strich etwas aufgebrochen ist.
Bild

Vorlage:
Bild


@Martin: ßbrigens finde ich, Du hast das Zigeuernmädchen von Delacroix sehr gut umgesetzt und das Grün in den Schatten korrekt beobachtet! Dein SP leidet eindeutig am vollkommen monochromen Hintergrund - der ist platt und so sieht Dein Kopf halt auch platt aus. Ich denke, die "Falschfarben" sind immer irgendwie in der Athmosphäre vorhanden, weswegen die für die stimmige Farbwirkung notwendigerweise mit eingefangen werden muß. So einen glatt violetten Hintergrund gibt's nicht - und daher wirkt auch das, was Du farbig auf Deinem Gesicht passieren läßt, irgendwie erfunden, bzw. eben unstimmig. Ansonsten finde ich, hast Du den Komplementärkontrast schon bewußt eingesetzt - nur wird dies durch die ungewöhnliche Lichtsituation schon wieder verfremdet. Indem Du die ßbergänge sehr weich gezeichnet hast, verzichtest Du auf diesen "Im-Auge-des-Betrachters-Zusammensetzen-Effekt" der Impressionisten. Weil Brushes mit weichen Rändern eigentlich immer diesen Effekt verhindern, mag ich die meisten Bilder, die auf diesem Airbrush-Effekt basieren, auch nicht so recht. Genaugenommen verzichtet man durch den Einsatz weicher Brushes auf ein hilfreiches künstlerisches Mittel.


@Dura:
Was auch mehr zur Verwirrung beiträgt als alles andere ist die Worthülse "Zinoberrot".
:? Verstehe jetzt nicht, was da zur Verwirrung beitragen soll? Ich sehe da ein helles Zinnoberrot, keine Ahnung, wie man das sonst nennt? Eben ein gesättigtes, leuchtendes Rot. Oder ist's nun Cadmiumrot oder helles Karminrot? ;) Also damit wollte ich jedenfalls niemanden verwirren. Ist ja auch nicht unbedingt wichtig in dem Zusammenhang, wie es genannt wird.
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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Beitrag von Dazzled » 26. Sep 2006, 15:26

..wobei imho "zin(n?)oberrot" in meinen augen gar keine worthülse ist, sondern konkret einen bestimmten farbton meint, der aus eben diesem mineral gewonnen wird/wurde (?)

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