Hier aber äussert jemand Bedenken:
"künstlerische Magenverstimmung" - hören wir hier etwa Kritik an der Bilderflut aus dem Internet? Nein! Das Zitat stammt von Harold Speed und er schrieb diese Zeilen 1917 in seinem Buch "The Practice and Science of Drawing". Bei den technischen Neuerungen, von denen er da spricht, handelt es sich um den farbigen Buchdruck. Würde Harold Speed das Internet von heute erblicken, würde vermutlich auf der Stelle sein Kopf platzen!At this time particularly some principles, and a clear intellectual understanding of what it is you are trying to da, are needed. We have no set traditions to guide us. The times when the student accepted the style and traditions of his master and blindly followed them until he found himself, are gone. Such conditions belonged to an age when intercommunication was difficult, and when the artistic horizon was restricted to a single town or province. Science has altered all that [...] (and) it is unlikeley that such conditions will occur again. [...] Where formerly the artistic food at the disposal of the student was restricted to the few pictures in his vicinity [...] now there is scarcely a picture of note in the world that is not known to the average student. [...] Not only European art, but the art of the East, China and Japan, is part of the formative influence by which he is surounded; not to mention the modern science of light and colour that has had such an influence on technique. It is no wonder that a period of artistic indigestion is upon us.
(wem das bekannt vorkommt - ich habe das Thema bereits vor zwei Jahren auf der Convention angeschnitten)
Aber es ist doch interessant zu lesen, dass bereits Anfang des letzten Jahrhunderts jemand laut darüber nachgedacht hat, wie der Wandel der Medienlandschaft die Entwicklung junger Künstler beeinflussen kann - positiv wie negativ. Und wenn der farbige Buchdruck bereits derartige Bedenken auslösen konnte, dann sollten wir uns in unserer heutigen Zeit erst recht unsere Gedanken machen, würde ich Mal sagen.
Wie oft habt Ihr in Foren-Threads schon Sätze gelesen wie "OH MY GOD!!!!! THIS IS SOOOO GOOD! I'M JUST GONNA KILL MYSELF!!!!" oder ßusserungen ähnlichen Inhaltes? Welche Gefühle bleiben bei Euch zurück, wenn Ihr gerade Mal wieder einen völlig neuen Stil entdeckt habt? Wo ist bei Euch die Grenze zwischen Inspiration und Depression? Wie entscheidet Ihr, in welche Richtung Eure eigenen Arbeiten gehen sollen, welches Eure Vorbilder sind? Hat man darauf überhaupt einen Einfluss oder bildet sich der eigene Stil nicht sowieso "von ganz alleine"? Kennt Ihr das Gefühl, sich klein und gewöhnlich zu fühlen angesichts des kreativen Molochs da draußen?
In diesem Thread - den ich jetzt einfach Mal ganz frech mit diesem Anfangspost starte, ohne meine eigenen ßberlegungen direkt vorzulegen - wünsche ich mir eine Diskussion über Einflüsse, Stile und Ziele. Jeder von uns ist ein Tropfen im Mainstream und als solcher wird man ganz schön durchgeschüttelt. Wie geht man damit um? Wie steckt man sich persönliche Ziele und wie kommt man trotz der vielen Ablenkungen am Straßenrand weiter auf seinem Weg?
Ich persönlich habe ein ziemlich langes Teilstück innerhalb meiner Entwicklung noch ohne das Internet und mit Anregungen aus wenigen Büchern und Filmen zurückgelegt. Ich interessiere mich daher besonders für Meinungen von jungen Nachwuchskünstlern, die direkt von Anfang an mit der ganzen Fülle an Einflüssen konfrontiert sind, denn sie sind wohl diejenigen, die das dickste Fell haben müssen, um sich nicht total zu verirren in den vielen Möglichkeiten.
Also, in guter alter Tradition unserer umfangreichen Diskussions-Threads bin ich gespannt auf Eure Gedanken!