Perspektive

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BurningPeanut
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Perspektive

Beitrag von BurningPeanut » 8. Jun 2010, 20:25

So nachdem jetzt die Anregung gab einen Sammelthread über Perspektive aufzumachen, habe ich mir gedacht warum nicht und die Iniative ergriffen...

hier vielleicht noch der Wikipedia Artikel über Perspektive: http://de.wikipedia.org/wiki/Perspektive

Ich hoffe hier sammelt sich mit der Zeit ein umfassendes Perspektive "Nachschlagewerk".....

Ich fang dann mal an...

Vielleicht erstmal die mir bekannten Grundlagen:

Um ein perspektivisch korrektes Bild zu konstruieren benötigen wir ersteinmal einen Horizont.
Der Horizont wird als Linie in das Bild eingezeichnet und er befindet sich immer in Augenhöhe des Betrachters im Bild.

Auf diesem Horizont werden sogenannte Fluchtpunkte gelegt.
Von jedem dieser Fluchpunkte gehen Strahlen aus (Linien ;) ) an die ein Objekt dann perspektivisch richtig gezeichnet werden kann.
Die Fluchtpunkte müssen nicht zwangsweise im sichtbaren Bildbereich liegen.

Man unterscheidet die verschiedenen Perspektiven nach der Anzahl ihrer Fluchtpunkte.
Es gibt die 1 Punkt (auch Zentralperspektive), 2 Punkt und 3 Punkt Perspektive.



Name:

Fischaugen Perspektive

Beschreibung:

Eine Form der 3 Punkt Perspektive bei der zwei auf dem geraden Horizont liegende Fluchtpunkte mit gekrümmten Linien verbunden werden und so eine Verzerrung verursachen.
Der 3. Fluchtpunkt liegt ebenfalls auf dem Horizont und is für die Fluchtung nach hinten zuständig.

Fotobeispiel:

Bild

Schema:

Bild


So das wärs erst mal von mir.
Wenn etwas falsch ist bitte sofort verbessern.

Steven
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Beitrag von Steven » 8. Jun 2010, 21:59

Dann möche ich direkt mal einwerfen, dass das was Du als Fischaugenperspektive benannt hast, nicht einfach nur "eine Form von 3-Punkt Perspektive" ist, sondern korrekt 5-Punkt Perspektive bzw. kurvenlineare Perspektive genannt wird - oder veraltet Netzhautbildperspektive.
Diese Polyperspektivkontruktion ist z.B. Vorraussetzung/Grundlage für eine Panoramadarstellung.

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jaymo
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Beitrag von jaymo » 15. Jun 2010, 11:33

Im Prinzip ist das IMO auch die einzige "korrekte Perspektive", die eine Erweiterung des Blickfelds bis zu 360° ermöglicht. Die Frage ist, wie nah man die 90° (oder wie hier 180°) gewinkelten Fluchtpunkte zusammenbringt. Je näher desto Fischauge. Alle anderen Perspektivenarten funktionieren nur mit einem eingeschränkten Blickwinkel.

@Steven: Bei nem Rundumpanorama müsst es dann ja 6-Punkt Perspektive sein, da zu jeder Raum-Achse die gegenüberliegenden Fluchtpunkte berücksichtigt werden...oder?

BTW: Interessanterweise verwenden 3D-Programme idR. keine sogenannte sphärische Projektion des 3D-Raums, alle Fluchtlinien sind hier immer ungekrümmt. Das fällt z.B. bei aktuellen Radeon Features auf, wo man ein 3D Game via "Eyefinity" z.B. auf 6 Monitoren spielen kann.

Man beachte die starke Verzerrung etwa der Soldaten am Bildrand:

Bild

Hier wird klar, das spätestens wenn man einen Blickwinkel von 180° haben wollte, die beiden Fluchtpunkte einer Geraden sichtbar sein müssten (z.B. eine kurvenlose Bahnstrecke). Und das ist mit ungekrümmten Linien in einer einzigen 2D-Projektion schlicht nicht möglich (außer genau auf dem Horizont, wie man's auch in der schematischen Darstellung oben sehen kann).

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Beitrag von Steven » 15. Jun 2010, 18:10

In nur 1,5h ist es Jaymo und mir via Skype gelungen zu verifizieren, dass wir beide die gleiche Auffassung von Panorama-/Polyperspektivkonstruktion haben.

Entscheidend zur Verifizierung beigetragen hat dieses krude Gekrakel meinerseits:
Bild

Ansonsten versuche ich jetzt nochmal einigermaßen zusammenzufassen, was man da sieht und warum wir darüber sprachen:

Ein Rundumpanorama ist eine 360° Ansicht eines Raumes/Landschaft von einem festen Standpunkt aus.

Der klassische Verwendungszweck von Panoramas war/ist einem Betrachter in einem Raum die Illusion zu vermitteln, mitten in der dargestellten Landschaft zu stehen.
Einem Betrachter eine volle 360°-Ansicht auf einen Blick im Format eines Kleinbildfotos zu gewähren, wird immer seltsam aussehen da der dargestellte Winkel nicht unserer tatsächlichen Seherfahrung entspricht.

Die Konstruktion des Rudumpanoramas ist eine Collage von zentralperspektivisch konstruierten Einzelbildern.

Die lineare/rechtwinklige Projektion (Bildabschnitt 2) sorgt jedoch für Verzerrungen in der Horizontalen und Vertikalen des Bildmaterials. Das ist das, was Jaymo mit seinem Computerspielscreenshot zeigt.

Besser ist die zylindrische oder sphärische Projektion. Bei der zylindrischen Projektion werden alle Bildteile an die "Wand" eines zylindrischen Projektionsraumes gesetzt, in dessen Zentrum der Betrachter steht. Die zylindrische Projektion kann einen 360° in der horizontalen und theoretisch beinahe 180° in der vertikalen Achse abdecken. Praktisch wird es ab etwas über 100° in der vertikalen jedoch zu Verzerrungen kommen. Weshalb man den Betrachtungswinkel durch einen entsprechend klein gewählten Bildausschnitt limitieren sollte.

Die sphärische Projektion kann bei entsprechend aneinandergesetztem Bildmaterial, 360° in der horizontalen und 180° in der vertikalen abdecken und so den Eindruck vermitteln, mitten im Woauchimmer zu stehen. Die Bildinhalte benötigen jedoch einen optischen Ausgleich der Perspektiv-/Fluchtwahrnehmung des sphärischen Projektionsraumes, wofür die 5-Punkt-Perspektive zum Einsatz kommt.

Das 5-Punkt-Perspektiv-Modell gibt für die x- und y-Achse zwei Konstruktionspunkte vor, für die z-Achse jedoch nur einen. Denn erst in den Randbereichen kann es durch optische Verzerrung zu Kurvenbildung der z-Achsenlinien kommen. Da jedoch setzt man dann weitere 5-Punkt-Perspektiv-Bilder an, deren x-Achsen-Kurven in die z-Achsen-Linien des mittleren Bildes übergehen. Und so weiter, bis man einmal rund ist.

Wer ein Panoramabild konstruieren möchte, sollte um von der bildausschnittzugrundeliegenden zentralperspektivkonstruktion abzulegen, Objekte leicht aus der Flucht drehen. Wenn man also einen zentral fluchtenden Weg zeichnet, dann sollten darauf Fahrräder, Menschen, Autos, Seifenkisten, whatever stehen, die nicht exakt parralel zur Fluchtlinie ausgerichtet sind.

Als letztes jetzt noch einen Link zur Seite des internationalen Panoramarates, die es sich zur Aufgabe gemacht haben alle existierenden (gemalten) Panoramen weltweit zu listen bzw. nach möglichkeit darzustellen/zu verlinken.
http://www.panoramapainting.com/

und hier gerade via panoramapainting.com gefunden:
http://www.panorama-mesdag.com
Zentralperspektive an Zentralperspektive an Zentralperspektive an...

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Beitrag von BurningPeanut » 24. Jun 2010, 19:36

Wow... dankeschön für diese ausführliche Erklärung auch wenn ich sie wohl noch ein zweites Mal werde lesen müssen. ;)

Hab nochma die Links verbessert..
http://www.panoramapainting.com/

und hier gerade via panoramapainting.com gefunden:
http://www.panorama-mesdag.com
Zentralperspektive an Zentralperspektive an Zentralperspektive an...

EDIT: Ach ja... bei meiner Zeichnung fehlen praktisch die zwei Fluchtpunkte in der Vertikalen (oben und unten), die das Bild dann noch verzerren..oder ?

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Beitrag von blarg » 24. Jun 2010, 19:54

Habe mir die Beiträge jetzt nicht durchgelesen, mir ist aber eingefallen, dass ich noch was auf meiner Platte liegen hatte, was evtl zum Thema passt. Ein Fisheye-Grid, dass mir mal jemand von Sijun vor Jahren geschickt hat. Vielleicht ist das ja noch für jemanden brauchbar.

Grid Download

Bild

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Beitrag von BurningPeanut » 24. Jun 2010, 20:01

geil geil geil :D

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 25. Jun 2010, 10:40

Es darf bei der ganzen Betrachtung auf keinen Fall vergessen werden, dass die klassische Perspektivkonstruktion nur als ein Ausschnitt aus dem Verständnis für Perspektive fungieren kann.

Denn sie fußt auf einer ganz wichtigen Einschränkung, bzw. einem elementaren Grundsatz!
Bei ihr wird von genau einem exakt definierten festen Standpunkt ausgegangen.

Und das ist mitnichten eine Selbstverständlichkeit.



Denn es ist als Betrachter durchaus üblich den Standpunkt zu wechseln um eine "umfassendere" Sicht auf die Dinge zu gewinnen.
Und genau, wie sich ein Raum auf eine Fläche projezieren lässt, ließe sich auch Zeit auf einen einzigen Moment projezieren.

Linear-Perspektive ist nur eine Art des Verständnisses darüber wie ein Mensch sieht!
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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