Tagchen,
ich habe das Spiel gerade durchgespielt, und bin noch ziemlich hin und weg.
Während der Anfang erzählerisch noch eher dünn ist, bekommt die Geschichte mit der Zeit immer mehr Tiefgang. Durch die Tonbandtagebucheinträge einiger Schlüsselfiguren bekommt man nach und nach einen immer besseren Einblick in das, was in dieser Stadt unter dem Meer geschehen ist, und immer mehr Puzzleteilchen fügen sich zusammen und weisen darauf hin, warum so vieles in Trümmern liegt und die Bewohner größtenteils entstellt und wahnsinnig sind.
Irgendwann gilt es dann auch, neben dem Überleben und dem Versuch, einen Ausweg zu finden, moralische Entscheidungen zu treffen, die später auch ihre Auswirkungen haben. Und zumindest das Ende, was ich erreicht habe ist nach so einigen Spielen mal wieder eines, was berührt...
Großes Kino m.M. nach auch in Optik und Stimmung. Man bewegt sich wie in einem Film aus dem Amerika der ersten Hälfte des 20.Jh., gemischt mit Elementen, die Science-Fiction im Steampunk-Stil einbringen. Der Eindruck wird durch den Stil der Umgebung, die Details wie Werbeplakate, aber auch durch die Spielmenüs, in denen Farben, Gestaltung und Schrifttypen zum Rest des Spiels passen, aufrecht erhalten. Und die ebenfalls zeitgemäße Musik, die manchmal zu hören ist, verleiht dem ganzen nochmal ein ganz eigenes Leben, und transportiert sowohl die Euphorie, als auch die Melancholie und den Schrecken, die hier zu finden waren.
Die Gegner auf die man trifft erinnern zum Teil an Menschen, und zum Teil an die gruseligen Bauchredner-Handpuppen, die sicher viele kennen. Die Gestaltung ist hier sicherlich nicht hyperrealistisch, aber dafür künstlerisch sehr ansprechend. Insgesamt scheint die Gestaltung weniger auf Realismus abzuzielen, sondern eher einen cinematischen Eindruck schaffen zu wollen - und ja, das Wasser(und das Eis) sieht toll aus.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist vielleicht die Kombination konventioneller Bewaffnung und der durch die sog. Plasmide erzeugten übermenschlichen Fähigkeiten, aber auch da wächst man während des Spiels langsam hinein - wie wohl die Spielfigur selbst auch
und kann sich nach und nach einen sehr individuellen Stil zulegen, um mit den Gegnern fertigzuwerden.
Die Stimmung - ich komme nochmal drauf zurück
wechselt von Aufregung, wenn man möglichst trickreich versucht, ein paar "Splicer" abzuwehren zu einem melancholisch angehauchten Gefühl von Alleinsein, während man zu knisteriger Plattenmusik durch die leeren Gänge wandert - bis zu dem Gruseln, wenn man in einem alten Kino steht, und nicht ausmachen kann, aus welcher der Türen die irre gekreischten Sätze des nächsten Gegners kommen.
Was reine Action angeht kann Bioshock Titeln wie Unreal Tournament sicherlich nicht das Wasser reichen. Ich würde sagen, hier steht Überlebenskampf den sportlichen Frags gegenüber, und Gänsehaut dem Pulsrasen.
Und neben dem reinen Spielerlebnis bekommt man auch noch eine sehr schöne und menschliche Geschichte erzählt...
Katz