Be warned: wall of text!
Wollte nochmal nachtragen, daß ich die Sketchbook-Seiten teilweise echt genial finde! Man merkt irgendwie, daß Dir Deine vielen Maschinen-Zeichnungen jetzt auch eine Hilfe bei dem Monsterdesign sind, weil Du wohl eine ganze Menge über Statik, über köperliche Symmetrien und deren Darstellung im 3D-Raum, sowie über die Funktionalität von Gelenken gelernt hast. Eigentlich finde ich diese Bleistiftzeichnungen besser als Deine digitalen, ausgerenderten Arbeiten. Vielleicht solltest Du Dir überlege, mal einige dieser Scans irgendwie digital nachzubearbeiten und dann in Dein Portfolio mit zu integrieren? Ich könnte mir vorstellen, daß Deine Bleistift- und Sketch-Skills manchen art director beeindrucken würden.
Mich stören bei der Frau diese leicht nach innen gedrehten Fußspitzen, die sie ein wenig trottelig wirken lassen
Hehe, die X-Beine fielen mir auch auf und ich war kurz davor, sie zu erwähnen. Aber in der Bewegung - und die Frauenfigur sieht ja so aus, als befinde sie sich in der Bewegung, man kennt diese Szenen zur Genüge, wo irgendwelche Sicherheitskräfte Wohnungen durchkämmen oder durch Ruinen schleichen, immer auf der Hut vor Feindkontakt - ist so eine Fußstellung durchaus noch plausibel.
Fragt sich halt, ob für so ein Char-Design-Artwork diese auf eine bestimmte Situation konzipierte Poste sinnvoll ist. Dann hab ich noch etwas nachgedacht und bin drauf gekommen, daß hinter diesen X-Beinen ja eines ganz bestimmtes gender-Klischee steckt. Der Kerl neben ihr steht entsprechend anders rum - mit den Fußspitzen nach aussen - und wirkt so männlich-solide. Während X-Beine nun mal Richtung girlie-Pose gehen. Ich muß bei dieser Pose immer an japanische Mädchen in Schuluniform denken. Soll uns schmutzige, alte Kerle wohl sexuell stimulieren nach dem Motto: "Upsipupsi-Lollipop, nimm mich von hinten, Daddy!" (je mehr x-Beinigkeit, desto mehr wird der Hintern rausgestreckt). Also sind eingedrehte Fußspitzen (wenn die Füße nebeneinander stehen) ein ästhetisches Klischee von girliehafter Sexiness. Welches tatsächlich nur bei jungen Frauen funktioniert, da es einen Touch von Ungeschicklichkeit - daher auch aeyols Assoziation "trottelig" - hat, den man bei jungen Mädels süß, bei "ausgewachsenen" Frauen dagegen schon nicht mehr ganz passend findet.
Wenn die Füße nebeneinander stehen, sorgt diese Haltung für einen unsichereren Stand. Wenn sie dagegen etwa schulterbreit und schrittlang hintereinander angeordnet sind, sorgen leicht nach innen weisende Fußspitzen sogar für einen sichereren Stand, auch wenn beim Zenkuzu dachi die meisten den hinteren Fuß doch nach aussen drehen. So - hatte jetzt weniger mit Deinen Sachen hier zu tun, Backslapper, aber es fiel mir grad so ein.
Ach so, da fällt mir noch was ein: auf der dritten Skechheft-Doppelseite ist ja der sonnenbrillen-Typ mit dem künstlichen Unterarm zu sehen. Mir scheint, daß dieser Unterarm mit in den Spacemarine in der ausgearbeiteten Version unten mit einging. Grad gestern hab ich mal wieder mir Terminator 2 angeschaut, wo ja diese Art "Maschinenanatomie" auch immer wieder vorkommt. Irgendwie wirkt so ein Design ja extrem cool, wenn man da die einzelnen Muskelstränge und Knochen als maschinelle Apparatur sieht. Warum sieht man sowas nicht öfter?
Die Erklärung dafür fiel mir ein, als ich überlegte, warum bei uns Lebewesen die Natur nicht so sparsam ist, das überflüssige Fleisch um die Muskeln, Sehnen und Knochen wegzulassen?
Die Antwort ist simpel: Damit kein Dreck in die Gelenke kommt.
Die wichtigsten Gelenke sind auch bei Maschinen häufig mit Kugellagern versehen, um den Reibungswiderstand minimal zu halten (siehe die Gelenkflüssigkeit in unseren Gelenken). So eine "offene Architektur" beim Skellett ist also einfach dysfunktional - und daher macht so ein Char-Design, wenn man länger drüber nachdenkt, auch keinen Sinn, so cool auch immer es wirken mag.
Das sollte jetzt keine Kritik an Deinen Designs sein- sondern war nur so ein Gedankengang, den diese Designs bei mir auslösten.
Als Kritik - oder mehr als ein Optimierungshinweis bezgl. Deines Portfolios - möchte ich noch anmerken, daß mir bei deinen Sachen etwas die Extreme, was Dimensionen angeht, fehlen. Deine Motive bewegen sich immer irgendwie im Mesokosmos, was Größenverhältnisse angeht. Deine Maschinen, ebenso wie Deine Wesen und auch die Environments (dark mill) sind immer irgendwie "normal" dimensioniert. Niemals riesig, gigantisch, mega-überwältigend. Aber auch nie so richtig mikroskopisch klein, süß-fragil etc. Das fällt mir auf, weil ich selbst es auch nur selten hinkriege, mal überwältigende Maße darzustellen. Ich vermute, daß das irgendwie damit zusammenhängt, daß man extreme Perspektiven mit nah aneinanderliegenden Fluchtpunkten scheut, bzw. sein Shape-Design zu sehr an "normalen", d.h. menschlichen oder tierischen Shapes orientiert. So einen mikrigen Kopf, wie er z.B. am Diplodocus vorne dran sitzt, hätte ich nie als Monsterdesign-Konzept mir ausdenken können, bzw. sowas würde bei mir nicht beim freien und entspannten Scribbeln "passieren", weil ich zu sehr auf "normale Proportionen" geeicht bin.
Vielleicht kann Dich dieser Gedanke ja auch insofern inspirieren, daß Du auch noch mehr mit Größenverhältnissen und Proportionen spielst. Momentan kommt mir beim Betrachten Deiner Sachen zwar öfter ein "Wow!" über die Lippen. Aber meistens wegen all der schönen Details und also auch, weil ich den Fleiß und die Akribie bewundere (und, zugegeben: beneide), mit denen Du vorgehst. Aber es fehlt so ein bißchen das Epische und Abgedrehte, das Wow, dem ein "Sowas hab ich ja noch nie gesehen!" folgt.