@Return to zero:
Hab mal ein Overpaint zur Verdeutlichung von ein paar Punkten gemacht.
Zuallererst besteht das Problem, daß Du zu kleine Pinsel benutzt. Damit machst Du Dir viel Arbeit und tendierst dazu, unnötige Details zu malen, wie z.B. die Augenwimpern. Bei den Haaren macht sich das auch unangenehm bemerkbar. Weil Du sie als einzelne Haare und nicht als Einheit (Haarschopf) behandelst, wirkt's am Ende strohig.
Bei Portraits hilft es häufig, sich klar zu machen, wieviele "kugelige" Elemente vorhanden sind. Ich habe in meinem OP besonders auf die Augen gezielt - aber die Nasenspitze kann man z.B. ebenso als Kugel betrachten wie das Kinn - oder halt auch den ganzen Schädel mit den Haaren darüber. Wenn Du überall überlegst, inwieweit da eine Kugelform drin stecken könnte, wirst Du schnell erkennen, wie da schattiert werden sollte.
Ich hab jetzt vor allem die Augen behandelt. Mache Dir klar, daß es zwei Kugeln sind, die im Schädel sitzen - und von den Augenlidern bedeckt werden wie von dem Visier eines Ritterhelms. Wenn die Augen nach vorn gerichtet sind und Du so eine 2/3-Ansicht wählst, dann muß die Iris entsprechend zum Oval verformt werden. Problematisch ist bei Deinem Bild hier vor allem das dem Betrachter nahe Auge, in welchem die Iris immer noch praktisch vollkommen kreisförmig ist.
Es hilft häufig, sich solche "Profillinien", wie ich sie eingezeichnet habe, vorzustellen. insbesondere bei der Nase und dem Mund könnte das bei Deinem Bild helfen. Schau mal unten auf die Nase: mithilfe der Profillinie wird klar, daß man das hintere Nasenloch überhaupt nicht mehr erkennen kann - es wird von der Nasenscheidewand verdeckt. Indem Du versucht hast, auch dieses Nasenloch noch zu zeigen, hast Du dem Mädel eine "Schweinenase" verpaßt.
Wichtig ist die Profillinie auch beim Übergang zwischen Stirn und Nasenrücken - dort befindet sich - außer beim klassischen "griechischen Profil" eine Richtungsänderung, die unbedingt angedeutet werden sollte. Die Stirnwölbung geht an der Stelle schon wieder zurück, verläuft sozusage konkav - und daraus ragt dann der konvexe Nasenrücken. Meistens wird das nur durch eine leichte Schattenwirkung auf der Stirn und Aufhellung des Nasenrückens deutlich - wenn da nicht schon (wie bei älteren Männern, die oft zornig gucken) die Nasenfalte deutlich ausgeprägt zu sehen ist. Diese leichte Schatten-Licht-Wirkung ist aber eben wichtig, um diese Stelle überzeugend darzustellen.
Nächster Punkt: die Lippen. Hier ist vor allem der Tonwertunterschied zwischen Ober- und Unterlippe wichtig. Stelle Dir den Mund wie eine Kugel vor, aus der die Lippen wie eine kerbe herausgehauen wurden. Meistens (dann, wenn das Licht von eher oben kommt) liegt somit die Oberlippe im Schatten, und die Unterlippe wird aufgrund ihres Winkels zur Lichtquelle heller angestrahlt. Die kleine Wölbung der Lippen ist dabei absolut von untergeordneter Bedeutung (Du hast die Durch Glanzlichter auch auf der Oberlippe darzustellen versucht)! Die Grundformen sind wichtiger und sollten auch zuerst mit breitem (!!!) Pinsel groß eingezeichnet werden.
Bedenke dabei auch, daß der vom Betrachtet abgewandte Mundwinkel für uns gar nicht mehr zu erkennen ist - er liegt auf der nicht einsehbaren Wölbung der "Mundkugel".
Vermeide es am besten, die Lippen zu umranden. Das sieht immer komisch aus - selbst bei Frauen, die die Umrisse ihrer Lippen extra dunkel mit Lippenstift konturieren in der Realität sieht das dämlich aus.
Denke immer in Flächen, nicht in Linien.
Achte auf wichtige Richtungsänderungen bei großen Flächen wie den Wangen. Ich habe mal demonstrationshalber den Wangenknochen angedeutet, der durchaus als "Lichtscheide" betrachtet werden kann. Schau Dir diesbezüglich vielleicht auch mal Anatomiedarstellungen des Schädels an.
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.
